Magen-Darm-Infekt beim Kind („Gastroenteritis“) – ein Thread. Normal sind 2-4 Magen-Darm-Infekte bei Kleinkindern im KiTa-Alter pro Jahr, aber je nach Saison können es auch mehr sein. 1/


Ursachen: Viren, seltener Bakterien. Die häufigsten: Rotaviren (waren vor der Impfung einer der häufigsten Gründe für Säuglinge, ins Krankenhaus zu müssen), Noroviren, Adenoviren, Enteroviren, uva. Auch eine SARS-CoV-2-Infektion verläuft bei einigen Kindern wie eine Magen- 2/


Darm-Grippe. Bei manchen Erregern sind grippeähnliche Symptome und Fieber dabei, oder Atemwegssymptome, bei Entero- und Adenoviren öfters auch Hautausschlag. Die häufigste bakterielle Ursache sind Salmonellen, die Stühle dann oft blutig, oft begleitet von hohem Fieber. 3/


Die Noroviren machen primär ganz fieses unstillbares Erbrechen, dauern aber glücklicherweise nur 6-48h („kurz aber brutal“). Danach kann auch mal noch etwas Durchfall kommen. Noroviren strecken oft auch die Eltern nieder, das passiert bei anderen Viren eher weniger. 4/


Noros sind fast eine Blickdiagnose – wackelig auf den Beinen, blasse, fast grünliche Gesichtsfarbe, und im 10-Minutentakt Würgereizt, meist kommt nur noch Galle. 5/


Therapie: Die Kinder werden von allein gesund, die Therapie ist nur symptomatisch. Da das Hauptproblem der Flüssigkeitsverlust ist, wird da auch angesetzt. Ausreichend trinken („es muss so viel rein wie rauskommt“), bei Erbrechen auch löffelweise 6/


- wenn man über Stunden alle 10 Minuten einen Löffel trinkt, kommt man auch auf eine ordentliche Menge. Was für Flüssigkeit? Optimalerweise etwas mit Elektrolyten und Kohlehydraten. 7/


Aber: alles was das Kind nicht verweigert ist ok! Wenn das Kind nur Milch trinken mag – dann halt Milch. Wichtig: Tee hat keine Elektrolyte! Wenn das Kind nur Tee trinken mag, dann wenigstens mit Zucker gesüßt. 8/


Optimal ist z.B. mit natriumreichem Mineralwasser verdünnter Fruchtsaft, oder Elektrolytlösungen (gibt’s in der Apotheke, verschiedene Geschmacksrichtungen, nur so mittel-lecker, aber wirklich gut wenn sie getrunken werden). 9/


Medikamente, die den Durchfall stoppen sind nicht sinnvoll, sondern verlängern das Problem (immodium), können aber in gewissen Situationen sinnvoll sein (lange Autofahrt o.ä.). 10/


Medikamente gegen das Erbrechen: ebenfalls allesamt ohne Wirksamkeit und NICHT empfohlen (Vomex z.b.). 11/


Hausmittelchen und Mythen: da gibt’s tausende – aber die wenigsten stimmen. „Teepause“, „Reisschleimdiät“ o.ä.: NEIN! Keine spezielle Diät starten. Die haben alle keinen Nutzen, und können durch eine Unterversorgung der Darmschleimhaut 12/


zur Verlängerung der Problematik führen (die Darmzellen „verhungern“ und können die Infektion dadurch nicht mehr gut bekämpfen). Salzstangen und Cola: ersteres ist ok, Cola führt durch Coffein eher zu vermehrter Darmtätigkeit, und ist durch den hohen Säuregehalt 13/


nicht gut verträglich. Einläufe als Flüssigkeitszufuhr: Nein. 14/


Es gilt: was immer das Kind essen oder trinken will, darf es essen oder trinken! Wenn ein Kind mit MagenDarm in eine Pizza beißen will, dann ist das ein gutes Zeichen, go for it! Nahrungsmittel, die der Körper in dem Moment nicht vertragen würde, werden meist eh verweigert. 15/


Auf Milchprodukte muss nicht verzichtet werden. Ein sehr geringer Prozentsatz hat nach einem schweren Darminfekt eine vorübergehende Laktoseintoleranz – wenn also der Durchfall nach 1-2 Wochen einfach nicht besser wird oder immer wieder Bauchschmerzen auftreten, kann man 16/


versuchen mal 2-3 Wochen auf Laktose zu verzichten. 17/


Wärmflasche auf den Bauch: wenn es dem Kind gut tut, kann man das vorsichtig (!) machen. Aber: immer ein Handtuch drunterlegen, nicht zu lange, und nur „warm“ nicht „heiß“ – es kann gerade bei Kindern schnell zu Verbrennungen kommen. 18/


Niemals bei Kindern die sich noch nicht gut äußern können (<2 Jahre rate ich immer davon ab). 19/


Wann zum Arzt? Bei zunehmender Schlappheit / Apathie, oder bei Zeichen der Austrocknung (keine Tränen beim Weinen, weniger als 2 feuchte Windeln am Tag, trockene Schleimhäute). Oder bei starken Bauchschmerzen, um vom Kinderarzt eine Blinddarmentzündung ausschließen zu lassen. 20/


Ab wann wieder zu Freunden? 48h nach dem letzten Symptom (Erbrechen oder Durchfall – die nach einem Infekt oft für mehrere Tage etwas weicheren Stühle gehören da nicht dazu) sind die meisten Kids nicht mehr ansteckend. 21/


"Darmflora wieder aufbauen" - nein, das ist Geldmacherei und ohne nachgewiesenen Nutzen. Die Darmflora baut sich auch ohne teure Probiotika und andere Wundermittelchen wieder auf (primär baut sie sich aber gar nicht wirklich ab). 22/


Fazit also: weniger ist mehr. Augen zu und durch - unangenehme Krankheit, man kann wenig tun außer für sein Kind da zu sein und darauf achten dass es immer mal wieder was sinnvolles trinkt. Wenn das Kind sagt "ich mag jetzt einen Döner" ist die Erkrankung überstanden. 23/23


Nachtrag: es gibt unzählige Sonderfälle und Ausnahmen, in diesem Thread habe ich mich auf die Verläufe von 95% aller MagenDarminfekte konzentriert.


Einen Sonderfall will ich erwähnen: es gibt Kinder (meist zierliche Jungs mit 4-6 Jahren) die bei solchen Infekten schnell „acetonämisches Erbrechen“ bekommen. Dort führt ein Kohlenhydratmangel (z.B. eben durch infektbedingtes Erbrechen) zu einer


zu einer die Übelkeit fördernden Stoffwechsellage (Ketoazidose) – ein Teufelskreis. Ziel: irgendwie Zucker ins Kind bekommen. Und wenn es Marmelade oder Nutella pur löffelt – egal wie. Dann hört das Erbrechen oft auf.


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