Der Witz ist, dass der Marxismus exakt in dem historischen Moment emergiert, in dem der „Kapitalismus“ – den es immer gab: Wirtschaft war immer kapitalgebunden – sich aufgrund der technologischen, klimatischen u. sozietalen (Bauernbefreiung) Transformation öffnete.


Weit davon entfernt, gegen seine Epoche zu argumentieren, spielt der Marxismus vielmehr die affirmierende Begleitmelodie zu seiner Epoche. Die Befreiung zur großen Angleichung aller hatte schon 1750 begonnen (und hat 1918, 45 u. 90 nochmals an Fahrt aufgenommen).


@mrdarcysblog … ich weiß nicht. Das Besondere am 19. Jh. ist m. E. die industrielle Revolution, die ein Proletariat schafft, das es in der Weise vorher nicht gab. Die heutige Globalisierung mit ihren weltumspannenden prekären Arbeitsverhältnissen ist, finde ich, auch ein Novum im Kapitalismus


@ibohnet Lieber Ilja, da liegt es doch gerade: Proletarier iSv ewige Kinder, Rechtlose waren die doch vor der ind. Rev. genauso u. viel mehr. NUN aber haben sie ein Bewusstsein davon, sind rechtl. frei u. können sich übhpt erst zu einer soz., nicht-ständischen Identität hin emanzipieren.


@ibohnet Und richtig, heute setzt sich das fort: in aller Welt werden die Menschen aus ihren ständischen Verhältnissen gerissen und auf einmal zu Individuen. Sie werden frei (und spüren dadurch natürlich erst einmal ihre soziale und sonstige Negativität!).


@ibohnet Gingen Bauern vor der Großen Transformation auf die Straße, konnte man auf sie schießen mit dem Argument: „wenn ich jetzt das Getreide freigebe u. nächstens eine Missernte kommt, haben wir gar nichts mehr u. wir sind alle dahin. Also muss ich eisern sparen u. ihr hungern.“


@ibohnet Nach 1800; nach Beginn d. technolog. Transformation (für Crutzen und Stoermer beginnt das Anthropozän 1784!) zog dieses obrigkeitliche Argument nicht mehr. So kam der Kapitalismus i.e.S., der von Anfang darauf ausgelegt war, das Geld auf einmal unter möglichst viele Leute komme.


@ibohnet Übrigens wiederholt sich das Kapitalismus-Paradigma am Anthropozän im großen ökolog. Stil: von Klimawandel u. Apokalypse bedroht war die Menschheit ja immer; nur hat sie sich im anthropogenen Klimawandel ihren eigenen Strohmann gebaut, an dem sie die Welt symbolisch retten kann.


@ibohnet Was meine ich damit? Auch im Kampf gg. den Kapitalismus kämpfen wir gegen ein Phantom, das a) wir uns selbst geschaffen haben u. b) ohne das wir hist. gar nicht so weit wären, realistisch Gleichheit anzustreben. An der Grundtatsache: Kapitalität von Wirtschaft ändert das nichts.


@ibohnet Die große Frage ist nicht: wie können wir Kapitalismus und Anthropozän rückgängig machen? Das wäre wie den aufrechten Gang und das Sprachvermögen rückgängig zu machen. Sondern: was kommt jetzt, da wir auf das Ökonomische u. Ökologische so total zugreifen = es beherrschen können?


@ibohnet Genauer: was will uns diese archimedische Positionalität, in die unsere Entwicklung der ggständlichen Vervollkommnung uns manövriert hat, sagen? Worauf will uns verweisen, dass wir in der Lage sind, unsere Oiko-Logik, ja evtl. sogar unsere Bio-Logik selbst hist. zu modellieren?


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